Die Preisträger und die Begründungen der Jury
Freisprung Festival 2018 Die Preisträger
Begründung der Jury
1. Tok Toy – „MAKEOVER – I JUST WANT MY OWN FAIRYTALE COME TRUE“
Hier sind ein paar junge Menschen, die uns etwas zu sagen haben, die sich tiefgreifend eines Themas annehmen und es aufbrechen, drehen wenden, einkreisen, sich erspielen mit den verschiedensten Mitteln ihrer unterschiedlichen Handwerke, die sich gegenseitig befruchten, anstecken, bereichern in ihrer Ausdrucksformen und dabei einen hohen Anspruch haben an Präzision, Qualität , Genauigkeit, sowohl im Spiel als auch in der Ausstattung, bis in jedes Detail. Die Lust, Spaß und Witz haben, aufeinander zuzugehen und sich auszutauschen, die Grenzen Ihrer Kunstformen zu überschreiten und bezaubernde Momente schaffen wie eine ganze Entenfamilie aus Getränkekartons und Flaschen, die genauestens gewählt und bespielt werden – bis zur „Innocent“ Flasche für das „hässliche Entlein“. Wie in einem ein Vexierspiegel werden in überraschenden Wendungen Gewissheiten in Frage gestellt, gleich mehrere inhaltliche Klammern bilden den Rahmen der Handlung, die ganz zum Schluss wieder da ankommt, wo sie begonnen hat und uns den Ausgangspunkt der Erkundung erschliesst. „Wer bist Du“ bleibt als beharrliche Frage stehen, die weit über das hinausgeht, was als Auseinandersetzung über Schönheitsnormen und Anpassung begonnen hat. Bekannte Formate wie das Märchen vom hässlichen Entlein oder eine Selbstoptimierungsshow werden auf den Kopf gestellt und frech für aktuelle politische Diskurse geöffnet.
2. Claudia Roick und Nicole Tschaikin; Dennis Weijers
„TIME TRAVEL BITCHES – BAROQUEBITCHES ON THE ROAD“
Zwei Künstlerinnen, die den Mut haben, das gewohnte Terrain zu verlassen um auf die Straße zu gehen, Zitat: „Wir bringen die Berliner Pflastersteine zum Orgasmus mit unseren Opernstimmen“ – die über sich hinaus wachsen und neue, andere, Talente einbringen – Geigenspiel, Kastagnetten, Rythmus – wir hatten großen Genuss an der Konzentration, dem Mut, auch der Wildheit, spielerische Momente zu schaffen, aus denen die Arien entwachsen. Tolle Kostüme, tolle Ausstattung, eigene, neue Interpretationen und ein ganz eigener Zugang zu klassischen Arien wurde sich erspielt, mit Witz und Spaß. Die Time Travel Bitches holen Nicht-Opernfans ab und herein in die Welt der klassischen Arien mit Humor und Charme – Und dabei bleibt es nicht. Mit dem Lied über den Tod von Claudia Roick wird ein ganz anderer, weiter großer tiefer Raum aufgemacht und die Zartheit des „Rendevous“ am Ende entlässt uns berührt und bewegt.
3. Max Howitz – „DER FISCHER UND SEINE FRAU UND KNUT“
Mit einem Feuerwerk an Ideen und liebevollen Details begeisterte Max Howitz junge und erwachsene Zuschauer. Wild, frech, originell fegte er Konventionen weg und katapultierte mit seinem anarchischen Spiel die alte Geschichte vom Fischer und seiner Frau in die moderne neoliberale Konsumwelt. Die Kinder hatten Spaß, wurden behutsam einbezogen und als Spieler auf die Bühne geholt, es gab sprachliche und spielerische Kostbarkeiten auch für Erwachsene wie die „PET“ Aufschrift auf Piets Eimer-Behausung oder den „Immobilienhai“, der der Butt doch nicht ist, der wiederum fix und erstaunlich aus einem Zollstock gezaubert wurde. Wir stehen mit Knut am Strand, im Meeresrauschen aus dem tonlosen Schnaufen des Akkordeons und bangen um die kleine Nussschale vom Fischer, auf die der große Aida – Pott zu walzt und staunen über die Bühne, die plötzlich aus einem umgedrehten Karton entsteht und feinst bespielt wird in der Enge des schon wieder zu kleinen nagelneuen Hauses, mit Fahrstuhl, Treppe und Vorgarten.