Preisträger*innen 2023 / Laudatio / Fotos
Herzlichen Glückwunsch!
(Alle Fotos auf dieser Seite stammen von Beate Nelken)
- 1. Platz: „Scham Lippen“Eine szenische Objektsauerei
- 2. Platz: „Don`t let me down“
- 3. Platz: „Zwölf und Eine Mühle“
1. Platz: „Scham Lippen“ Eine szenische Objektsauerei
Labia pudendi
labium “lippe” und pudere “sich schämen” geringer ausgeprägte stärker ausgeprägte lippen der scham
ich kann es nicht über die lippen bringen über die schamlippen
doch, sie reden und erzählen
sie machen einen erzählabend
die scham ist jetzt vorbei. ist sie?
Die Scham-Lippen laden ein zu dieser seltsam-spassigen Objekttheater Revue, in der sich Zuschauer und Darstellende, Menschen und Objekte, Männer* und Frauen*, Junge und Alte gemeinsam über ihre Andersartigkeit und Ähnlichkeit freuen können.
Mit Enikő Mária Szász, Odile Pothier, Eszter Zala
Die Jury:
Ein Ensemble, das es versteht mit den Sehgewohnheiten und Erwartungen des Publikums zu spielen, immer wieder überrascht und sich mit viel Charme und Selbstironie dem Thema der weiblichen Sexualität gewidmet hat.
Ein rasanter Ritt voller Sex ohne einmal Sex gesehen zu haben. Überraschend, klug, leicht. Es wurde immer wieder die Gürtellinie gestreift, aber es ging nie darunter.
Eine Regenrinne erklärt uns die Scheinheiligkeit der Politik. Und zwei Darsteller*innen die mit frischen Ansätzen, einer perfekt passendenden Musikauswahl, einer überzeugenden Körperlichkeit und einer absoluten Beherrschung der Mittel die Zuschauenden immer wieder überrascht und zum Lachen und Staunen gebracht haben. Objekttheater per excellence.
2. Platz: „Don`t let me down“
Ein Stück über die Angst vor dem Alleinsein, das jemanden-nicht-hängenlassen, angespannte Gruppendynamik, Machtmissbrauch, das Steppen, bedingungslose Liebe, die eurozentristisch geprägte westliche Theaterwelt, Barbarei, Zeitreisen, faule Gäule, das Kap der guten Hoffnung, Künstliche Inelligenz, wahrhafte Dummheit,
und den ganz großen Wurf.
Mit Studierenden der HMT Rostock
HotBoisGunClub: Hannes Baake, Ben Gebel, Anton Schaper, Aron Torka,
Bass: Jonas Brümmer
Gitarre: Raoul Biedinger
Die Jury:
Ein herrlich unbequem-absurdes Theater, das mit Pauken und Trompeten philosophische und psychologische Fragen des Seins im Wir aufwirft, ohne Antworten liefern zu wollen.
Reich an Ideen und Spielfreude, Sprachlust, Tiefe, Wortwitz, ein Gefühl für Nummern und eine Klangwelt, die das Publikum komplett eingenommen hat. Eine tolle Ensembleleistung. Darsteller*innen, die immer im Kontakt zueinander waren und dies stets mit wunderbar schlichten Selbstverständlichkeit taten.
3. Platz: „Zwölf und Eine Mühle“
Zwölf ist sein Gesetz. Zwölf, und einer hat die Wahl.
Sieh, wie sich das Mühlrad dreht.
Und drüber fliegt ein Rabe.
Merkst du wie die Zeit vergeht?
Bald liegst du im Grabe…
Eine Verwebung der Geschichten um Krabat. Daraus entsteht eine ganz eigene Erzählung. Ein Experimentierfeld mit verschiedensten Formen und Spielweisen. Über Machtkreisläufe und Ohnmacht. Unsere eigene Variante von Krabat.
Spiel I Konzept I Regie: Madita Kuhfuhs und Annika Schaper
Bau: Madita Kuhfuhs
Dramaturgie I Text: Annika Schaper
Stückentwicklung nach den sorbischen Krabatsagen. Mit eigenen Texten und Ausschnitten von Jurij Brezan, ASP, Volksliedern. Nach Motiven verschiedener Sagen, Jurij Brezan und Otfried Preußler
Die Jury:
Auf der Bühne wurde ein Abenteuerspielplatz geschaffen, in dem es den Darsteller*innen gelungen ist, uneitel und mit Mut zur Hässlichkeit dem Publikum phantasievoll und mit einem visuellen Feuerwerk eine dunkle Geschichte mit Leichtigkeit näher zu bringen.
Wir sahen ein Stück mit mannigfaltigen Mitteln des Figuren- und Objekttheaters, welche die beiden Darsteller*innen wunderbar beherrschten: Stimme, Ton, überraschende Ideen, Spielfreude. Wechsel und Beherrschung der verschiedenen Ebenen. Aber auch eine überzeugenden Präsentation der schauspielerischen Rollen. Witzig, selbstironisch mit einem guten Gespür für Komödie. Und trotzdem ging bei all der Spiellust nie die Ernsthaftigkeit der Geschichte verloren. Es war zauberhaft.
(R)evolution
Eine Anleitung zum Überleben im 21. Jahrhundert von Dimitrij Schaad und Yael Ronen
In episodenartigen Szenen erzählt (R)evolution eine Mischung aus absurden Begebenheiten, beklemmenden Momenten und schrägem Humor, wie es in 20 Jahren aussehen könnte.
Unter all den Möglichkeiten, welche die Zukunft bietet, versuchen Lana, René, Ricky und Stefanie, im Beisein der künstlichen Intelligenz ALECTO ihr Leben zu meistern und ihr Glück zu finden.
Mit Studierenden der Theaterakademie Vorpommern
Lara Gericke, Jan Kuhr, Leontine Dick, Rufus Gülland
Noah Gnefkow, Anna Jamborsky
Regie: Anna Jamborsky
Die Jury:
Eine energetische und mit Spielwut angefüllte Reise in die Fragen: Was wird aus uns, was wird aus Kunst, wenn Algorithmus und Norm uns die Möglichkeiten des Scheiterns und des Lernens abnehmen. Präsentiert von einem jungen dynamischen Ensemble das Lust auf mehr macht.
Die Ur Venus *oder Ur-nicht die Venus Puppenspiel für Erwachsene
Ein Stück über ein Fundstück: Die Venus von Willendorf, eine blitzgescheite 30 000 Jahre alte Venusfigurine.
Seit ihrer Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert, im heutigen Niederösterreich, wurde viel über sie gesagt.
Doch was würde sie selbst sagen, hätte sie eine Stimme und einen beweglichen Körper?
„Können Sie ja auch nicht wissen: Was mein Wille wäre und was geschehe, wenn der Wille der Willendorferin wild werden würde, nicht wahr? Aber ich verstehe schon. Irgendwer muss ja die Geschichte schreiben, nicht wahr?
Nicht wahr?“
Mit Odile Pothier, Gerda Pethke, Almut Schäfer-Kubelka
Puppenbau: Odile Pothier
Support I Reflexion: Naemi Friedmann, Kundry Reif
Sounds: Florian Feigl
Werkstätten: Ingo Mewes, Simone Pätzold
Venus-Stimme: Margret Wübbolt
Text I Regie: Almut Schäfer-Kubelka
Die Jury:
Eine Handwerklich überzeugende Reise, in der wir ein Wesen mit Fülle und Geschichte begleiten, dem die Darstellerinnen eine in den Bann ziehende Beweglichkeit gegeben haben. Am Ende bleibt Luft zum Atmen, damit die ZuschauerInnen ihre eigene Venus finden können.
TRANSFERENCE
„Und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.“
Ein verlassener Tatort, ein Lost Place. Der Besucher betritt einen Raum in dem so einiges im Verborgenen liegt.
Vor seinen Füßen finden sich verstaubte Indizien. Sie könnten Geschichten erzählen, wenn sie eine Stimme bekämen.
Oder war da etwas? Ein Knarren, ein Knacksen wie brennendes Holz?
Jetzt heißt es: Ohren und Augen auftun, denn jeder Sound und jede Bewegung haben etwas zu sagen. Es erwachen Geister der Vergangenheit, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben und doch zusammengehören.
Alle müssen erzählen, was ihnen geschehen ist. Und alle wollen, dass wir ihnen endlich zuhören.
Eine immersive Theater Installation von und mit Claudia Roick
Die Jury:
Claudia Roick, die mit einer interaktiven eindringlichen Performance sich einem der drängensten Probleme unserer Gesellschaft dem Thema Femizide gewidmet hat. Sie hat sich nicht gescheut, die Zuschauerinnen zu Zeugen zu machen und uns gezwungen, sich den Taten zu stellen.
Wege durch die Straßen dieser Welt
Vernunft ist doch etwas Gutes, oder?
Eine Performance über die Geschichte des Menschseins.
Fragmentarisch wird die Entwicklung des menschlichen Subjekts nachvollzogen, vom animalisch Unbewussten über die Sesshaftigkeit, von der Industrialisierung bis in die heutige globalisierte und technifizierte Welt. Eine Welt, die geprägt ist durch Machtstrukturen, in der das vermeintlich „Schwächere“ unterdrückt wird.
Lasst euch entführen, durch Licht- und Klangwelten, durch Assoziationsräume, auf unsere „Wege durch die Straßen dieser Welt“.Von und mit Friederike Mertin, Pimπ Haensell, Milan Zielniok
Die Jury:
Erforschung der Ursachen heutiger komplexer Probleme bis hin zu einer Rückschau zum Anbeginn des Seins. Was ist Mensch sein und wer bestimmt was Mensch sein ist. Von Adam und Eva über Landnahme bis heute und das queer durch den Gemüsegarten.